Angst und Dankbarkeit

Moin,

ein guter Freund hat mir vor einiger Zeit die Aufgabe gestellt alle meine Ängste aufzuschreiben. Er hatte bemerkt, dass ich mich oft etwas nicht traue oder mir im Vorfeld schon Szenarien ausdenke warum etwas nicht klappen sollte. Er sagte: „Spiel mit deinen Ängsten, schreib ein Gedicht darüber, nimm ihnen den Ernst“. Als ich mich dann endlich hingesetzt habe, hatte ich sogar Angst ihnen Nummern zu geben, da ich fürchtete, dass es ganz, ganz, ganz viele werden. Aber der Gedanke, dass eine Liste mit Dingen die ich toll finde noch viel länger werden würde, half mir anzufangen.

Als ich dann vor dem leeren Blatt saß fiel mir plötzlich gar nichts ein. Oder doch „Ich habe Angst zu versagen.“ Hm, das ist irgendwie ganz schön unspezifisch. Wobei, worin? Es gibt so viele Bereiche in meinem Leben, ich glaube kaum, dass ich plötzlich in allem versagen werde. Vielleicht zielt das mehr auf meine berufliche Situation ab. Dass ich darin versagen könnte als Selbstständige meinen Unterhalt zu verdienen, sogar so viel zu verdienen, dass ich Sorgenfrei leben kann. Wieder dieses Pauschalisieren. Sorgenfrei – also im Sinne von „mir keine Sorgen über Geld machen müssen“ in dem Falle wohl. Okay. Was also, wenn dieses der Fall sein sollte? Meine Ersparnisse sind aufgebraucht und es kommt kein Geld herein. Was dann? Dann habe ich versagt. Okay. Und dann? Dann suche ich mir einen „normalen“ Job. Okay. Und dann? Na ja, dann mache ich den, auch wenn ich lieber was anderes machen will. Aber, wer weiß das schon. Manche Menschen machen Ihren „normalen“ Job sehr gerne. Vielleicht. Und vielleicht fällt mir dann eine neue Geschäftsidee ein und ich mache mich mit etwas anderem Selbstständig. Vielleicht. Also, so schlimm kann das alles irgendwie gar nicht werden. Ja, ich kann versagen, was die Selbstständigkeit und meine Musik angeht. Aber ich werde einen anderen Weg finden mein Geld mit kreativen Fähigkeiten zu verdienen, wenn es sein muss. Ich bin ein helles Köpfchen, ich bin aufgeschlossen, ich bin kreativ.

Hm, jetzt fällt mir wieder nichts ein. Irgendwie dachte ich, da kommen jetzt noch riesige Ängste, aber in der Sache mit dem Versagen ist eine ganze Menge drin, was sich in meinem Kopf zu Unterängsten aufdröselt.

Ja klar, ich habe immer mal momentane Ängste. Dass ich jemanden nicht ansprechen mag oder Werbung für mich machen mag. Etwas fragen oder etwas sagen in bestimmten Situationen.

„Angst allein zu sein.“ Hm, im Alter oder so … vielleicht, aber das werde ich dann sehen und dann gehe ich halt in einen Leseclub und einen ’Yoga für alte Leute Kurs’ und so. Darüber muss ich mir doch jetzt noch gar keine Gedanken machen.

„Angst etwas ’falsch’ zu machen.“ Tja, das kommt schon vor. Auf der anderen Seite verinnerliche ich immer mehr, dass es kein richtiges Falsch gibt (hihi, seltsamer Satz), also, dass alles irgendwie richtig ist, einen weiter bringt, oder etwas lehrt, einen Sinn hat, zu etwas anderem führt und so weiter. Insofern, ja, schaue ich manchmal zurück und denke „Oh, ich habe sooo viel falsch gemacht.“ oder habe Dinge verpasst. Aber auf der anderen Seite habe ich so tolle Menschen getroffen auf meinem Weg, was, wenn ich diese nicht getroffen hätte? Das wäre auch verdammt blöde und öde. Und ich habe viel gelernt und mache manche Sachen dann bitte nicht wieder. Falschen Freunden oder falschen Werten hinterherlaufen.

Ich denke, von den Ängsten komme ich direkt zu Dankbarkeit. Statt Angst zu haben, etwas zu verlieren, bin ich einfach total dankbar über die Dinge die ich habe. Ich bin dankbar für meine Beziehung und Freundschaften. Ich bin dankbar dafür auch heute Morgen wieder gesund und munter aufgewacht zu sein. Ich bin dankbar für meinen gesunden und starken Körper. Ich bin dankbar für meine Familie (meistens, ja, manchmal ist diese auch anstrengend …) aber im Großen und Ganzen bin ich dankbar für dieses Geflecht das im Zweifelsfall wie ein Netz unter mir schwebt und mich auffängt. Ich bin dankbar für die Schönheit der Erde und dass ich schon einige Plätze sehen und Naturschauspiele erleben durfte. Ich bin dankbar für meine Fähigkeit zu Singen, zu Musizieren und Lieder zu Schreiben. Dinge zu sehen, Gefühle zu fühlen und diese in Worte zu fassen. Ich bin dankbar dafür, dass ich gerne mittendrin bin im Fühlen, Schmecken, Leben, Küssen, Lieben.

Und so ist diese innere „Angstmacherei“ vielleicht ein weiterer Ausdruck meiner Fantasie, meiner Fähigkeit Geschichten zu erzählen, mir Szenarien auszudenken, die mit starken Gefühlen behaftet sind. Die Bilder sind plastisch, fühlen sich real an, genauso wie die schlechten Gefühle, die damit einhergehen.

Aber wisst Ihr was? Ab jetzt werde ich neue Geschichten erzählen, neue Dinge erleben, auf einen anderen Gefühlszug aufspringen. Ich will Freude sehen und fühlen. Freiheit! Ich will Sicherheit spüren und Unabhängigkeit. Stärke und Selbstbewusstsein. Ich will, was immer ich mir vornehme, dass meine Fantasie mir ein Bild entwirft von dem aller, aller Besten, das passieren kann. Die größte Freude, das größte Glück, die große Freiheit, spannende Reisen, fröhliche und inspirierende Entdeckungen. Das sind die Dinge, die mein Inneres mir vorspielen soll.

Und mein Fazit ist: Dankbarkeit ist in meiner Welt der Gegenspieler zur Angst. Wie zwei Seiten einer Medaille. Und ich habe sehr oft und lange auf die eine Seite geschaut und drehe die Medaille nun um. Anstelle mir Sorgen zu machen danke ich. Und das wünsche ich euch auch. All die schönen Dinge in eurem Leben zu sehen, zu fühlen, zu erleben und wertzuschätzen.

Danke, dass ihr bis hier her gelesen habt.

Herzlich, Gesa / Melody